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Mein Pferd Ausgabe 01/20 www.mein-pferd.de
Interview zum Thema "Instinkte und Triebe - Sprechen Sie pferdisch?"
1. Verstehen: Reaktionen richtig deuten
2. Handeln: Kommunikation verbessern
3. Profitieren: Wohlbefinden steigern
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Ungekürzte Ausgabe Interview Mein Pferd Ausgabe 01/20
Hier ist die ungekürzte Fassung des Interviews mit der Mein Pferd, das in der Ausgabe 01/20 erschienen ist.
Interview MEIN PFERD.pdf
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Was ist eigentlich Pferdeverhalten?

Wir wissen wohl alle, dass Pferde Herdentiere sind, die in Einzelhaltung ohne soziale Kontakte seelisch und auch körperlich zugrunde gehen würden. Sie sind aber auch höchst sensible Tiere, die Gefühle der Herde bzw. des Menschen spüren und sich dann dementsprechend verhalten. Wenn man wie ich so oft es geht, eine Pferdeherde beobachtet, kann man sehr schnell erkennen, wie sich Pferde in welchen Situationen verhalten. Sei es, bei einem auftretenden, plötzlichen Geräusch, bei starkem Wind, bei anwesenden tragenden Stuten oder auch bei kränkelnden, schwächeren, alten Pferden.

Das emotionale Verhalten kann man bei Pferden durchaus als ausgeglichen nennen. Denn die Pferde haben keine einseitigen Gefühle. Jedes positive Gefühl hat auch ein negatives Gegengefühl. Zuneigung kann sehr schnell in Ablehnung umschlagen, wo Geborgenheit ist, kann schon in der nächsten Sekunde panische Angst herrschen. Selbst das Extremgefühl, die Panik, dass durch eine Blockade des Gehirns jedes kontrollierte Verhalten verhindert, hat das starke Gegengefühl Resignation, dass Selbstaufgabe auslöst. Es endet meist damit, dass die Pferde nun bereit sind, sich ohne Gegenwehr töten zu lassen, wenn alle durch das körpereigene Dopingmittel Adrenalin mobilisierten Kräfte verbraucht sind. Der Lebenswille des Pferdes ist dann gebrochen.   

 

Interessant ist auch, dass Pferde sich nicht in Gefühle hineinsteigern, wie wir Menschen das oft tun. Somit können sie auch nie dieselben Höhe- und Tiefpunkte der Gefühle von Freude, Traurigkeit, Glück, Unglück, Liebe oder Hass empfinden wie der sich reflektierend hineinsteigernde Mensch. Doch wir müssen ganz klar berücksichtigen, dass wir ihnen innere Gefühle zugestehen dürfen, wie z.B. Wohl- oder Unbehagen, Zu- oder Abneigung, Zufriedenheit oder Unzufriedenheit, Angst oder Vertrauen oder auch Lust und Schmerz.  Und das, ganz ohne ihr Gefühlsleben zu vermenschlichen. 

 

Wir müssen also in der Pferdeverhaltenstherapie nach Abklärung aller evtl. körperlichen Beschwerden durch den Tierarzt die Ursache des unerwünschten Verhaltens immer zuerst AM VERHALTEN des Pferdes analysieren. Gefühle lösen Reaktionen aus. Ein Pferd benötigt für sein Wohlbefinden die Befriedigung seiner Triebe und seiner primären Lebensbedürfnisse wie Fressen, Trinken, Schlafen oder das Gefühl von Geborgenheit und Zusammengehörigkeit. 

Für uns Menschen hingegen ist die Erfüllung der primären Lebensbedürfnisse meist nur zweitrangig. Im Vordergrund steht beim Menschen die Befriedigung seines Geistes. 

 

Das Grundgefühl des Pferdes entscheidet immer über die Leistungsbereitschaft. Ein ängstliches Fluchtier Pferd fühlt sich wohl bei artgerechter Haltung und richtigem, schmerzfreiem Umgang. Wird ihm die Möglichkeit gegeben, seine Triebe und primären Bedürfnisse auszuleben, befindet er sich im Gleichklang von Körper und Geist und wird sich im positiven Grundgefühl bewegen. Pferde sind als Fluchttiere friedliche Tiere, die keinen primären Aggressionstrieb besitzen. Sie sind bereit, dem Menschen freiwillig zu dienen, wenn dieser die nötige Führungspersönlichkeit ist und dem Pferd damit das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben kann. 

 

Pferde, die dieses positive Grundgefühl aus verschiedenen Gründen nicht mehr haben, zeigen ein auffälliges, unerwünschtes Verhalten. Diesen Pferden helfe ich durch Analysen des Verhaltens und der Lösung am Ursprung des Problems. Am Anfang steht immer eine genaue Anamnese von Pferdehaltung, Fütterung, Ausrüstung und dem Umgang. Auch gesundheitliche Probleme werden von mir in Zusammenarbeit mit Tierarzt, THP, Osteopathen/Physiotherapeuten und Hufexperten ausgeschlossen.